Schmerzen haben eigentlich eine Schutzfunktion für den Körper: Sie dienen dazu, verletztes Gewebe ruhig zu stellen und damit zur Genesung beizutragen. Wenn der Heilungsprozess einsetzt, lassen die Schmerzen normalerweise nach. „Ist das Gewebe jedoch so stark geschädigt, dass eine Regeneration nicht oder nur sehr langsam erfolgt, können daraus chronische Schmerzen entstehen“, erläutert Dr. Carla Alessandra Ávila González, stellvertretende Leiterin der DEGUM-Sektion Anästhesiologie und Oberärztin der Hessing Klinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Schmerzmedizin. „Das ist beispielsweise häufig bei Patienten der Fall, die unter Störungen im Nervensystem leiden.“
Um den Schmerzen auf die Spur zu kommen, untersucht der behandelnde Arzt den Patienten gründlich, hört sich seine Schmerzbeschreibungen genau an – und fragt gezielt nach, um etwas über die Charakteristika der Beschwerden zu erfahren. „Wenn die Ursache mittels dieser Untersuchungen nicht gefunden werden kann und es wahrscheinlich ist, dass eine lokale Schädigung – beispielsweise von Nerven, Muskeln oder Gefäßen – die Ursache ist, ist eine Ultraschalluntersuchung empfehlenswert“, sagt Ávila González. Dabei wird jede Gewebeschicht – also das Fettgewebe, die Faszien, die Muskulatur und die Knochen – unter Ausübung verschiedener Drucke sowohl händisch als auch per Ultraschallsonde gezielt untersucht. „So wird die Schmerzempfindlichkeit unterschiedlicher anatomischer Strukturen, wie beispielsweise der Nerven, Muskeln oder Sehnen exakt beurteilt. Dank der neuesten Generation von Ultraschallgeräten und Sonden mit Untersuchungsfrequenzen oberhalb von 10 bis zu 30 Megahertz können mittlerweile sogar kleinste Nervenstrukturen von unter 0,1 Millimetern dargestellt werden“, so die DEGUM-Expertin. Sogar das Binnenmuster der Nerven kann so auf mögliche krankhafte Veränderungen – etwa auf Nerventumoren – hin untersucht werden.
Neben der exakten Darstellung hat die Sonografie gegenüber anderen Verfahren weitere Vorteile: Die Ultraschalldiagnostik kann frei von ionisierender Strahlung und somit besonders schonend durchgeführt werden. Zudem ermöglicht sie eine dynamische Untersuchung: Unter Bewegung kann das schmerzhafte Körperteil per Ultraschall in Echtzeit beurteilt werden – das ist bisher mit keinem anderen bildgebenden Verfahren möglich.
Auch therapeutische Maßnahmen zur Schmerzlinderung können mit modernster Ultraschalltechnik durchgeführt werden: „Wenn Patienten beispielsweise Beschwerden in der Umgebung der Wirbelsäule haben, können Schmerzmittel mittels sonografischer Sicht gezielt gegeben werden – das war bisher nur durch Computertomografie oder per Bildwandlerkontrolle möglich. Da bei diesen Verfahren jedoch Röntgenstrahlung zum Einsatz kommt, sind sie viel gesundheitsschädigender“, betont PD Dr. med. Christian Tesch, Leiter der DEGUM-Sektion Chirurgie.
Der Einsatz moderner Ultraschallgeräte bietet also sowohl in der Schmerzdiagnostik als auch in der Therapie enorme Möglichkeiten. Eine wichtige Voraussetzung dafür sind jedoch exzellente anatomische Kenntnisse und sonografische Fertigkeiten des behandelnden Arztes. Die DEGUM bietet dafür zertifizierte Kurse nach ihrem bewährten Dreistufenkonzept an. Die Fachgesellschaft setzt sich dafür ein, dass die Ultraschallverfahren in der Schmerzdiagnostik zukünftig verstärkt zum Einsatz kommen. „Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass endlich konkrete Ultraschallempfehlungen in die aktuellen Leitlinien zur Schmerzdiagnostik aufgenommen werden“, sagt Tesch abschließend.
Über die DEGUM
Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) bietet ein Forum für den wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des medizinischen Ultraschalls. Sie vereint rund 11 000 Ärzte verschiedener Fachgebiete, medizinische Assistenten, Naturwissenschaftler und Techniker. Ultraschalldiagnostik ist heute das am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren in der Medizin. Ultraschallanwendern bescheinigt die DEGUM eine entsprechende Qualifikation mit einem Zertifikat der Stufen I bis III. Patienten finden DEGUM-zertifizierte Ärzte im Internet unter: www.degum.de